Projekt PomodoPi: Gärtnern für Nerds
Hallo zusammen! Mein Name ist Charly. Ich bin neu hier, Garten-Anfänger und so ziemlich der letzte Mensch, dem man Texte für ein Gartenblog zutraut – meine Familie und Freunde haben jedenfalls immer noch Bauchschmerzen vom Lachen. Auf einer gärtnerischen Kompetenzskala von eins bis zehn rangiere ich ungefähr auf minus fünf. Mit meiner Familie bewohne ich seit 1999 ein kleines Häuschen mit Garten, und letzteren habe ich erstmal ein Dutzend Jahre lang ignoriert. „Draußen“ war für mich einfach nur der Ort, wo der Pizzamann herkommt.
Vor drei Jahren dann die erste gärtnerische Großtat: ich pflanzte einen Zier-Riesling und zwei Blauregen („Das Grüne muss nach oben, Charly!“). Und siehe da: Riesling und Blauregen geht’s gut, sie bilden das Dach eines kleinen Pavillons, und ich ertappe mich sommers öfter dabei, den Wuchs der Rieslingbeeren zu kontrollieren. Faszinierend, dass man dafür erst 40 werden muss.
An einem der letzten lauen Abende im vergangenen Jahr wurde ich nach dem Genuss eines Caipi ein wenig übermütig und eröffnete meiner Liebsten, die genau für solche Momente einen „die Hölle friert zu“-Gesichtsausdruck bereithält, anno 2015 auf der Terrasse eigene Tomaten ziehen zu wollen. Die Idee rumorte in meinem Kopf, seit ich Vanessas Blogeinträge über ihren Thorsten gelesen hatte. Außerdem liebe ich Tomaten. Anfang des Monats fing ich an, laut (also auf Twitter) über den Standort und mögliche Technikunterstützung nachzudenken. Das Ganze kam dann relativ schnell auf Rotationsgeschwindigkeit, und hier bin ich nun.
Von Beruf bin ich Systemadministrator. Das sind Menschen, die Routinearbeiten hassen und deshalb alles automatisieren, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Ob der Aufwand für die Automatisierung dabei in einem realistischen Verhältnis zum Zeitaufwand für die Routinetätigkeit steht, spielt dabei keine Rolle. Es geht um die geistige Gesundheit und die Herausforderung, und nicht zuletzt darum, Spaß zu haben. Bei der Pflanzenpflege gibt auch Routineaufgaben, deshalb gliedert sich das Projekt PomodoPi in zwei Pflicht- und eine Kür-Aufgabe, die ich lösen muss:
1: In der Pflanzerde soll permanent die Bodenfeuchtigkeit gemessen werden, damit die Tomatenpflanze weder verdurstet noch ersäuft.
2: Abhängig von der Bodenfeuchte soll die Pflanze automatisch mit der richtigen Menge Wasser gegossen werden.
3: Mit Hilfe einer bestimmten Kamera-Filter-Kombination kann man die Photosynthesetätigkeit in den Blättern sichtbar machen. Das ist relativ aufwändig, unnötig und cool und muss deshalb unbedingt gemacht werden.
Als technisches Hilfsmittel für’s Messen, Schalten und Walten dient mir dabei ein Raspberry Pi (daher PomodoPi, aber das haben Sie sich sicher schon gedacht). Der kreditkartengroße Minicomputer reicht dafür völlig aus, und vor allem kenne ich mich auf diesem Gebiet einigermaßen aus, während ich mich mit Gartengeräten und sonstigem schwerem Werkzeug erfahrungsgemäß nur verstümmele.
In der Rubrik „Gartennerds“ finden Sie hier im Gärtnerinnenblog demnächst unregelmäßig Dokumentationen meines Scheiterns oder Siegens gegen Natur und Technik. Viel Spaß!
Budenzauberin
18. Jan. 2015 @ 10:54:11
Die Frau ist mir allein schon wegen des bereitgehaltenen Gesichtsausdruckes sympathisch.
Achso, äh… Charly wegen seines Vorhabens natürlich auch.
Ich bleibe dran!
Charly
18. Jan. 2015 @ 20:55:51
Steffi ist Bauerntochter („Früher habe ich auf dem Land gewohnt. Jetzt bin ich ins Dorf gezogen“) und arbeitet im gleichen Rechenzentrum wie ich, sie ist also gleichsam natur- und technikaffin und erträgt meine Basteleien mit bewundernswertem Gleichmut.
jpr
18. Jan. 2015 @ 11:27:13
Schon allein wegen der Personeneinfuehrung muss man das Projekt ja lieben. Aber auch die Erklaerung der Hintergruende (und vor allem des Ausloesers fuer Aufgabe 3) ist so klar, nachvollziehbar und komplett an der Realitaet, dass ich nur sagen kann: Bravo und weiter so. Natuerlich kann es nur einen Sieg gegen die Natur geben, und wenn Sie Roboter-Tomaten bauen muessen.
PS. Wie es mit der Automatisierung aussieht: da gibt es den realistischen und den optimistischen Ansatz. ;)
Charly
18. Jan. 2015 @ 20:57:27
xkcd.com hat einfach für alles den passendem Comic :)
Sophia
18. Jan. 2015 @ 11:34:20
Ah, es heißt jetzt also GärtnerInnenblog ;-) Ich bin gespannt!
Vanessa
18. Jan. 2015 @ 15:45:45
Nönö, einfach Gärtnerinnenblog. Männer sind mitgemeint.
Daniela
18. Jan. 2015 @ 13:06:35
Hallo Charly,
ein toller Artikel! Ich bin eine Gärtnerin mit etwas Technik Interesse (durch meinen Mann) und finde deine Ideen dort, Erzählweise erfrischend amüsant und informativ zugleich und ich freue mich schon auf zukünftige Artikel :-)
LG
Daniela
Charly
18. Jan. 2015 @ 21:00:22
Danke! Ich werde mir Mühe geben, die Artikel nicht allzu technisch-dröge werden zu lassen.
typ_o
18. Jan. 2015 @ 15:19:52
Sehr guter Ansatz! Temperaturmessung im Boden und 1m über Grund nicht vergessen! Solareinstrahlung und UV-Anteil messen? Regenschutz vor die Pflanzen rollen bei Bedarf (Regen schadet den Tomaten, weil vom Boden Pilzsporen hochspritzen und die Blätter dan braun werden, hat unser Nachbar mir erklärt)?
Viel Spaß und Erfolg!
Charly
18. Jan. 2015 @ 21:03:30
Ist alles in der Pipeline, und ich werde mir sicher auch mal die eine oder andere Abschweifung erlauben. Zum Beispiel wird bestimmt noch an irgendeiner Stelle die kleine Wetterstation zur Sprache kommen, die ich mal an die Garage geschraubt habe. Sie wird ebenfalls mit einem Raspi ausgewertet (http://kuehnast.com/ws/).
Friederike
20. Jan. 2015 @ 10:03:24
Hmm, meine Tomaten stellen das Wachstum ein, so bald ich sie nur anschaue. Ich habe also alles andere als einen grünen Daumen, sondern eher einen bösen Blick. Könnte man da technisch auch irgendwas machen, lieber Systemadministrator?
Charly
20. Jan. 2015 @ 10:06:56
Da empfehle ich eine völlig analoge Lösung: Sonnenbrille. Dann merken sie’s nicht :-)
Tin@
20. Jan. 2015 @ 13:44:21
Wie sagte Hagen Rether? „Wenn sich ein Mann ein Hobby zulegt, dann kann sich das Hobby warm anziehen!“
Als Biotechnikerin kann ich dir versichern, dass dieser automatisiert überwachte biotechnologische Prozess NATÜRLICH in einer regelbaren Umgebung stattfinden muss, sonst ist das alles nur Pippifax. Da muss ein Gewächshaus her! Klimatechnik! Prozessleitsystem! Verschiedenen Tomatensorten! Ein Konzept für Schädlingsbefall!
Und wo nimmst du den Mozarella für das zwangsläufig aus Tomatenernte folgende Caprese her? Büffel müssen in den Garten!
Charly
21. Jan. 2015 @ 16:11:18
Ich bin nicht annähernd suizidgefährdet genug, einem Büffel an seine Mozzarellas zu gehen.
Gärtnern für Nerds | pi-buch.info
22. Jan. 2015 @ 19:14:24
[…] Projekt PomodoPi: Gärtnern für Nerds […]
kalesco
23. Jan. 2015 @ 12:37:02
Hallo Charly!
Bei so einer erfrischend geschriebenen Vorstellung wage ich mich direkt aus dem Nur-Leser-Modus des Gärtnerinnenblogs! Ich freue mich auf Nerd Inhalt! (Mein Raspi fristet sein Dasein als Mediencenter, aber das brav und ohne mucken, daher wird da auch nix verändert. Für Bastelarbeiten müsste ich mir einen zweiten zulegen – das Bird CCTV hat es mir angetan, aber die Zeit…)
Grüße aus der österreichischen IT Forschung ;)
Charly
24. Jan. 2015 @ 14:26:21
Danke, aber sei gewarnt: Raspis vermehren sich. Ehrlich.
Fax
15. Mrz. 2015 @ 03:23:10
Grüne Grüße!
Bin auch Technik begeistert und pflanzenfreund! Kann dein Projekt auf jeden Fall nachvollziehen
Stephan
09. Mai. 2015 @ 09:18:02
Hallo Charly
für ganz Faule gibt’s das: http://rayshobby.net/opensprinkler/
Aber ehrlich gesagt, Du hast mich nun von einer Bestellung dort abgehalten. Ich such nun den Lötkolben. Planst Du auch noch ein WEB Interface?
Ich hoffe schwer, dass es Dir trotz grünem Daumen noch zum Schreiben im Linux Magazin reicht. Denn auch dort: Spitze. Danke!
Gruss
Stephan
Charly
09. Mai. 2015 @ 09:31:46
Klar, man eine sensorgesteuerte Bewässerungsanlage auch fix und fertig von Gardena kaufen. Aber wo bliebe da der Spaß? ;-)
Mein Webinterface unter http://kuehnast.com/pp ist momentan noch read-only. Es wäre nicht schwer, da noch eine manuelle Bedienung reinzubauen, aber im Moment vertraue ich noch darauf, dass die Automatik sauber funktioniert…